Womit tragen?
Wenn Ihr Euch entschieden habt euer Baby zu tragen, steht Ihr als nächstes vor einem riesigen Angebot an Tragetüchern und Tragehilfen.
In den Baby- und Kinderläden werden die dort angebotenen Tragehilfen und Tücher der großen Marken als das Beste für das Kind angepriesen. Da steht man dann schon mal vor der Frage, was denn nun wirklich wichtig ist und worauf man beim Kauf einer Babytrage oder eines Tuchs achten sollte.
Damit Ihr einen ersten Überblick über das Angebot bekommt und vielleicht schon selber für Euch entscheiden könnt, welche Trageweise zu Euch passt, stelle ich die grundsätzlichen Unterschiede zwischen den Tragetüchern und Tragehilfen auf dieser Seite vor.
Tragetücher
Wickelkreuztrage
Die beste Art ein kleines Baby schon ab der Geburt zu tragen ist gleichzeitig auch die anpassungsfähigste und am längsten nutzbare.
Ein Tragetuch passt sich der Größe des Babys und des Trägers an. Wenn es korrekt gebunden ist, stützt es das Baby optimal am Rücken und entlastet den Tragenden.
Es gibt verschiedene Tragevarianten und -positionen, die ganz an die Situation und die Bedürfnisse beider angepasst werden können. Wenn man zum Beispiel nur kurz das Baby oder Kleinkind tragen möchte um schnell etwas mit beiden Händen zu erledigen, kann man das Tuch im einfachen Hüftsitz oder in der Hüftschlinge tragen.
Trägt man länger, bietet sich die Wickelkreuztrage an. In dieser Position kann das Baby auch in Ruhe schlafen, ohne abgelegt werden zu müssen.
Es gibt auch Techniken in denen man zusätzlich Ringe benutzt um zu binden.
Alle Bindeweisen erfordern am Anfang etwas Geduld und Übung. Man wird aber schnell sicher im Umgang mit dem Tuch und dann ist es wirklich einfach anzulegen.
Es gibt Tragetücher in unterschiedlichen Längen, Webarten und Materialzusammensetzungen.
Sie haben Streifenoptik, sind gemustert oder unifarben. Sie können dick oder dünn sein, fest oder weich. Bei dieser großen Auswahl ist bestimmt für jeden ein passendes Tuch dabei. Dabei sollten das verwendete Rohmaterial und die Farben für Babys und Kinder unbedenklich sein, denn sie werden auch daran rum kauen. Wenn die Farben Speichel- und Schweißfest sind, färben sie nicht ab und sind für Haut und Babymund geeignet.
Grundsätzlich gilt, dass Tragetücher diagonalelastisch sein müssen, in Kette und Schuss (Länge und Breite) aber stabil sein sollen. Wichtig ist auch das Zusammenspiel von Schiebefestigkeit, Drapierbarkeit, Fadendichte und Garnart.
Es kommt bei diesen speziellen Tüchern auf die richtige Kombination von Elastizität und Stabilität an. Das Tuch soll sich schön am Körper des Babys anschmiegen, es aber auch gut halten und stützen.
Die meisten Tücher haben doppelt umgenähte Kanten und abgeschrägte Enden. Die schrägen Enden machen das Binden etwas handlicher. Handgewebte Tücher haben allerdings eine fest gewebte Kante (Webkante) und gerade Enden. Elastische Tücher sind oft nur mit einer Versäuberungsnaht am Rand gesichert.
Welche Tuchlänge man benötigt, hängt hauptsächlich davon ab, wie man tragen möchte und welche Bindetechnik am häufigsten eingesetzt wird. Für einige Techniken braucht man ein relativ langes Tuch, für andere reicht ein ganz kurzes. Die Statur der Eltern ist natürlich auch ein wichtiger Punkt. Die Tuchlängen variieren zwischen den Herstellern, aber es gibt auf den Herstellerseiten genaue Informationen darüber.
Die Materialzusammensetzung ist im Grunde eine Geschmackssache. Man kann auch gut mit einem reinen Baumwolltuch auskommen. Für die verschiedenen Temperaturen des Jahres gibt es aber auch entsprechende Materialmixe, z.B. mit Wolle oder Seide. Besonders stabile Tücher haben auch gerne einen Hanf- oder Leinenanteil. Je nach Materialzusammensetzung ändern sich in der Regel auch die Binde- und Trageeigenschaften etwas.
Man unterscheidet bei den Tragetüchern grundsätzlich nach Webarten. Es gibt drei Grundbindungen: Leinwandbindung, Köperbindung und Atlasbindung.
Unter einer Bindung versteht man die Verkreuzung der Kettfäden (Kette = Längsrichtung) mit den Schussfäden (Schuss = Querrichtung).
Für alle, die es genauer wissen wollen, gibt es hier mehr Details:
- Leinwandbindung
Leinwandbindung
Der Schussfaden geht abwechselnd einmal über den Kettfaden, dann wieder unten durch. Dies ist die kleinste mögliche Bindung. Beide Stoffseiten sehen gleich aus.
Von einigen Firmen werden „normale“ Stoffe mit Leinwandbindung als Tragetuch verkauft. Sie sind dicht gewebt und stabil, meist schiebefest und dadurch nicht sehr anschmiegsam. Man kann damit zwar tragen, aber sie sind für längere Zeiträume nicht so komfortabel. Die Ausnahme sind handgewebte Tücher, sogenannte „handwoven“, die lockerer gewebt sind und dadurch wieder gute Trageeigenschaften bekommen.
- Köperbindung
Köperbindung
Bei dieser Bindung geht der Schussfaden einmal über den Kettfaden, dann zweimal darunter her. In der nächsten Reihe widerholt sich das Muster um eins versetzt. Es entsteht ein diagonaler Grad. Beide Stoffseiten sind unterschiedlich.
Für Tragetücher wird oft die Kreuzköperbindung oder aber auch die Diamantköperbindung verwendet. Bei beiden gibt es einen Richtungswechsel im Muster, der dafür sorgt, dass sich der Stoff in alle Diagonalrichtungen gleich verhält. Die meisten Standarttücher haben diese Bindung. Sie sind weich und trotzdem stabil und griffig. Mit ihnen kann man als Anfänger am besten das Binden üben, da sie auch anfängliche Bindefehler verzeihen können.
- Atlasbindung/ Satinbindung
Atlasbindung
Hier geht der Schussfaden über einen Kettfaden und dann unter mehr als zwei Kettfäden durch. In der nächsten Reihe wird das Muster mindestens um zwei Kettfäden versetzt. So entsteht eine Stoffseite, auf der viel mehr Kett- oder Schussfäden zu sehen sind. Dadurch entsteht ein seidiger Glanz auf der Oberfläche. Tücher mit dieser Bindung sind angenehm weich und wirken lockerer und luftiger als die anderen beiden Bindungen.
Hier muss man schon etwas mehr Übung beim Anlegen haben, da das Tuch auch schnell mal zu locker oder ungleichmäßig gebunden sein kann.
- Jacquard
Die Jacquardstoffe werden auf speziellen Jacquard-Webstühlen hergestellt und können durch eine besondere Technik verschiedenste Webarten im Stoff kombinieren. Dadurch entstehen ausgefallenen Muster im Stoff, die diese besondere Optik der Tücher ausmacht. Im Griff und bei den Binde- und Trageeigenschaften ist es angenehm weich und locker, da hier auch oft die Atlasbindung zum Einsatz kommt. Für diese Tücher braucht man auch schon etwas Übung beim Binden. - Elastische Tragetücher/ Jersey Tücher/ Interlock Tücher
Elastische Tragetücher werden gewirkt und nicht gewebt. Das heißt, sie bestehen aus Maschen und sind dadurch elastisch. Es gibt sie allerdings mit den unterschiedlichsten Eigenschaften. Sie können von kaum bis sehr elastisch sein, von dick bis ganz dünn. Sie sind angenehm zu tragen, da sie weich und anschmiegsam sind. Vor allem bei kleinen Babys mit wenig Fettpölsterchen können elastische Tragetücher angenehmer sein, als die gewebten Tücher.
Elastische Tragetücher bieten ausreichend Halt für Frühchen und kleine Babys, sofern sie richtig gebunden werden. Traglinge, die mehr als acht Kilo wiegen, sollten lieber mit einem gewebten Tragetuch getragen werden.
Tragehilfen sind eine praktische Sache, wenn man nicht mit den Tüchern binden möchte oder damit nicht zurechtkommt. Sie sind auch eine sehr gute Ergänzung, um in bestimmten Situationen nicht soviel Tuch dabei zu haben. Es gibt inzwischen ein riesiges Angebot an Tragehilfen. Bei der Auswahl einer Tragehilfe sollte man darauf achten, dass einige wichtige Punkte eingehalten werden.
- Die Trage sollte die Anhock-Spreizhaltung des Kindes unterstützen.
- Das Rückenteil muss sich gut an den Babyrücken anpassen und gut stützen und bei kleinen Babys bis knapp über die Ohren reichen. Bei älteren Babys und Kleinkindern reicht auch Schulterhöhe. Der Kopf darf nicht in der Trage verschwinden und die Nase muss frei bleiben.
- Auf dem Rücken des Babys sollte kein zu starker Druck oder Querzug ausgeübt werden, daher ist es besser, wenn die Träger einer Babytrage erst ab Sitzalter seitlich am Rückenteil enden. Gut sind Träger, die unter dem Po des Babys langgeführt werden, oder im Bauchgurt enden. Der Rücken von kleinen Babys soll sich noch gut runden können und darf nicht platt gedrückt werden. Trotzdem sollte die Trage so fest angelegt werden, dass sich das Baby beim nach vorne Beugen nicht vom Körper des Tragenden entfernt.
- Das Baby muss aufrecht und mit dem Gesicht zum Tragenden in der Trage sitzen können. So ist es nicht zu viel Reizen in der Umwelt ausgesetzt und kann sich an den Tragenden kuscheln. Wenn Babys mit dem Gesicht nach vorne getragen werden, kann der Stresslevel steigen und auch die Anhock-Spreizhaltung kann so meist nicht korrekt eingenommen werden.
- Eine anpassbare Kopfstütze wäre bei schlafenden Babys sinnvoll und kann auch vor Wind und Sonne schützen.
- Der Steg zwischen den Beinen sollte nach Möglichkeit in der Breite verstellbar sein und von Kniekehle zu Kniekehle reichen. Ist sie nicht verstellbar, kann sie eventuell mit einem Band auf die passende Breite zusammen gebunden werden.
- Wenn die Tragehilfe für verschiedene Tragepositionen geeignet ist, kann man je nach Bedarf vor dem Bauch, auf der Hüfte oder auf dem Rücken tragen.
- Natürlich ist es wichtig, dass die Tragehilfe für das Kind und den Tragenden bequem ist und nirgendwo drückt, auch nach längerer Tragezeit nicht.
Wenn eine Tragehilfe all diese Punkte abdeckt, kann man relativ lange damit die Tragezeit genießen. Mit zunehmender Kleidergröße und Gewicht des Traglings kann man von einer Babytrage (Babysize) zu einer Kleinkindtrage (Toddlersize) wechseln. Mit zunehmendem Alter wollen die Kleinen mehr von ihrer Umwelt sehen, da bietet sich das Tragen auf dem Rücken an. So kann der kleine Weltenentdecker gemütlich über Mamas Schulter sehen oder sich hinter ihr verstecken, wenn es doch mal zu viel wird. Auf dem Rücken verteilt sich das Gewicht viel besser und auch „schwere Brocken“ können so ohne viel Anstrengung lange getragen werden. Der Beckenboden wird auch besser entlastet. Mit den meisten Tragehilfen kann man problemlos auch auf dem Rücken tragen. Es gibt verschieden Arten der Tragehilfen, die ich hier kurz vorstellen möchte.
Ring Sling
Ring Sling Der Ring Sling ist eigentlich ein Tragetuch mit einer Länge von ca. 1,50 bis 2m, an dem an einer Seite zwei Metallringe eingenäht sind. So kann man das Tuch schnell durch die Ringe ziehen und braucht nicht zu knoten. Man trägt den Ring Sling wie eine Schärpe über eine Schulter, wodurch eine Seite des Tragenden stärker belastet wird. Für den Tragling ist diese Tragehilfe genau so komfortabel wie ein gebundenes Tragetuch und kann gut schon ab der Geburt genutzt werden. Es bietet sich bei größeren, schwereren Babys für kurze Wegstrecken an oder für Kleinkinder, die plötzlich müde werden. Man kann das Tuch nach Gebrauch eingefädelt lassen und braucht ihn dann beim nächsten Einsatz nur noch festziehen. Der Ring Sling kann auf dem Bauch, der Seite oder auch auf dem Rücken getragen werden.
Mei Tai
Der Mei Tai besteht aus einem rechteckigem oder leicht tailliertem Stück Stoff als Rückenteil, zwei an den oberen Ecken angenähten langen Trägern und einem angenähtem Bauchgurt zum Binden. Die langen Schulterträger werden ähnlich wie beim Tuch unter dem Baby Po entlang gebunden und dann auf dem Rücken des Tragenden geknotet. Durch die relativ langen Bauchgurte und Träger kann man den Mei Tai einfach an die eigene Körpergröße und Umfang anpassen und braucht keine Schnallen verstellen. Je nach Material des Rückenteils passt sich diese Trage relativ gut an den kindlichen Körper an, wobei man hier nicht so eine gute Anhock- Spreizhaltung erreicht, wie mit einem Tuch. Wichtig ist, dass die Anhockung korrekt ist und sich die Knie nicht unter Pohöhe befinden. Die Schulter- und Hüftgurte können ungepolstert oder gepolstert sein und variieren in der Breite. Jeder sollte ausprobieren, welche Variante für ihn am angenehmsten ist. Bei schmalen Schultern sind zu breite Schulterträger unangenehm und anders herum genauso. Auch diese Tragehilfe kann auf dem Bauch, der Seite und dem Rücken getragen werden. Mit ihr kann man je nach Stegbreite ab Geburt bis zum Kleinkindalter und so lange die Eltern das Gewicht aushalten können, tragen.
Halfbuckle
Halfbuckle auf dem Rücken
Halfbuckle vor dem Bauch Hier handelt es sich um eine Mei Tai Trage, die am Bauchgurt eine Schnalle (engl. = buckle) zum Schließen hat, anstatt Bänder zum Knoten. Die Träger werden wie bei der normalen Mei Tai geknotet.
Fullbuckle
Ausflug mit Fullbuckle vor dem Bauch Diese Tragehilfe hat wie beim Halfbuckle einen Bauchgurt mit Schließschnalle, zusätzlich sind die Träger wie bei einem Rucksack befestigt und werden durch Schieberegler in der Größe verstellt. Die Träger haben bei einigen Tragen Schnallen zum umstecken, so kann man sie gerade oder über Kreuz tragen. Sie sind entweder am seitlichen Rückenteil oder am Bauchgurt befestigt, manche kann man optional auch umstecken.
Wrap Conversion
Diese Tragehilfe ist im Grunde eine Mei Tai, bei der die Träger komplett aus einem Tragetuchstoff gefertigt wurde. Die Träger sind meist ungepolstert und haben ca. die Breite eines halben Tragetuchs und werden genau wie beim Tuch strähnchenweise fest gezogen und geknotet. Sie können aufgefächert getragen werden und verteilen das Gewicht so schön gleichmäßig auf Rücken und Schultern. Bei Bedarf kann man die Stegbreite mit aufgefächerten Trägern verbreitern. Es gibt auch Modelle mit Schnallen-Bauchgurt, wie bei einem Halfbuckle.
Onbuhimo
Diese Tragehilfe ist ähnlich aufgebaut wie ein Mei Tai. Sie hat anstelle eines Bauch/ Hüftgurts nur Schlaufen oder Ringe an der Seite, durch die die Träger gefädelt werden, und so die Trage halten, oder sie sind fest mit dem Rückenteil verbunden. Der Onbuhimo wird ähnlich wie ein Rucksack getragen und ist für den schnellen Einsatz mit Kleinkindern praktisch. Da er keinen Bauchgurt hat, ist er in der Schwangerschaft angenehmer zu tragen. Allerdings ergibt sich je nach Schnitt Druck auf den Nackenbereich des Kindes und auch in den Kniekehlen kann sie stärker einschneiden. Das Gewicht des Kindes wird hier nur auf den Schultern getragen, was auch auf Dauer Schmerzen verursachen kann. Praktisch sind diese Tragen bei müden Kleinkindern, die schnell wieder selber laufen wollen.
Podaegi
Der Podaegi ist eine koreanische Tragehilfe und hat nur Schulterträger, oben angebracht an einem etwas größer und länger geschnittenen Rückenteil. Die Träger werden über das Rückenteil gebunden und sichern so das Kind vor dem Rutschen. Das Kind sitzt dabei relativ tief hinten auf dem Rücken, so dass es vom Steißbein mitgestützt wird. Das Gewicht wird somit nicht nur auf den Schultern verteilt und ist angenehm zu tragen bei Schulterproblemen.